Umfassend und verständlich erklären Bernhard Lahres, Gregor Raýman und Stefan Strich in ihrem Werk "Objektorientierte Programmierung" die Grundlagen dieser Technik. Dabei haben die Autoren Studenten der Informatik im Auge, für die dieses Buch ein passender Einstieg in die Materie ist. Ich würde jedoch so weit gehen, es ins Besonderen auch Quereinsteigern und Anfängern ans Herz legen zu wollen, selbst komplexe Zusammenhänge sind so gut beschrieben, daß keine (kaum) Vorkenntnisse nötig sind.
Hängen wir jedoch den gängigen Begriff "Einstieg", der im Titel mitklingt, in die "Objektorientierte Programmierung" nicht zu hoch an, damit ist in der Regel ein Werk gemeint, daß den "Einstieg" in die Objektorientierung einer bestimmten (Programmier-) Sprache beschreibt, daß leistet das vorliegende Buch nicht. Vielmehr muß man sich daran gewöhnen, daß die Autoren Beispiele aus verschiedenen Sprachen verwenden. Das mag den ein oder anderen Leser verwirren, dem Anspruch ein übergreifendes Lehrbuch der Objektorientierung zu sein, kommt es allerdings zu gute, zumal daran die Stärken und Schwächen der einzelnen Sprachen definierbar werden. Didaktisch sollte diese Art Literatur vor den "Einstiegsbüchern" behandelt werden.
Auch weniger visualisierte Menschen werden sich daran gewöhnen müssen, daß viele Beispiele mit Schaubildern (UML - Unified Modeling Language) dargestellt werden und keine abstrahierten Beschreibungen besitzen, daß mag jedoch dem Gros der Leserinnen und Lesern entgegenkommen, was gängige Lehrmeinung ist (siehe beispielsweise hier). Alle anderen mögen vertröstet sein, spätestens in den "Einstiegsbüchern" wird es meistens wieder sehr abstrakt.
Locker und flockig kommt so mancher Einführung herüber, wenn etwa "Spaghetti-Code" mit einem unaufgeräumten Kühlschrank verglichen wird (- Interpretation des Autors). Das macht das Lesen leichter und die Leserin und den Leser spannend wartend, wann das nächste Bon Mont wohl kommen wird. Auch die kurzen Diskussionsauszüge unter den Autoren zu einzelne Themen, zeigen, daß es sich die Literaten nicht einfach machen wollten, ein solch komplexes Thema "nur" wissenschaftlich zu beschreiben, vielmehr soll der Inhalt verstanden werden.
Toll finde ich es überhaupt, daß deutschsprachige Fachliteratur im Bereich Informatik Einzug gehalten hat, wir sind es über Jahre hinweg gewohnt alles in englisch zu konsumieren. Die Autoren weißen im Vorspann darauf hin, daß sie versuchen würden so gut es ginge Begriffe einzudeutschen ("Wir werden außerdem weitgehend deutsche Begriffe verwenden."). Das ist einerseits lobenswert, andererseits wird bei der Verwendung des Werkes auch klar, daß es ein "zweischneidiges Schwert" ist:
Die Informatik hat sich am schnellsten in den USA entwickelt und dort wurden auch die Fachbegriffe geprägt. Will man diese weltweit entstandene Synergie durchbrechen, kommt man sehr schnell an seine Grenzen, beim Umschalten von deutscher Literatur und der dort gebrauchten Begriffe und der gängigeren englischen Literatur und der eben gebräuchlicheren Begriffe.
Persönlich würde ich es favorisieren die englischen Bezeichnungen ins deutsche zu übersetzen und zu erklären, aber sie insgesamt beizubehalten, so können sich die Leserin und Leser an die Begrifflichkeiten gewöhnen und müssen keine Übersetzungen vornehmen, wenn sie ein zweites oder mehrere andere Bücher zur Hand nehmen, geschweige denn sie müssen oder wollen mit englischer Literatur fortfahren.
Die Themen bauen aufeinander auf, wie dies in einem Lehrbuch auch Sinn macht. Ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis und vor allem ein sehr lobenswerter Glossar machen das Buch jedoch auch zu einem Nachschlagewerk. Nach dem Motto: "Wie war das noch einmal?"
Und hier kommt auch die absolute stärke des Buches zum Tragen: durch den umfassenden Ansatz wird einem bewußt, wie breit diese Technologie angelegt ist und welche Lösung (in der Praxis) wohl die sinnvollste sein könnte. Das mag sich trivial anhören, ist aber ein entscheidender Vorteil gegenüber denen, die sich die Technologien in so genannten "Cookbooks" nur vorsetzen lassen oder meinen mit "Einführungskursen" schon genug gelernt zu haben.
Bemerkenswert fand ich, daß selbst dem Thema "Datenbanken" ein breiter Raum gegeben wurde, das zeugt von der Praxisnähe der Autoren.
JavaScript als Beispiel-Scriptsprache für Objektorientierung zu verwenden ist mutig, zeugt aber von der Qualität des Inhalts und dem ausgeprägten Know-how der Autoren. Einige nette Features findet man hier und alles ist brillant beschrieben.
"Dieses umfassende und praxisnahe Lehrbuch hilft Ihnen, die Prinzipien der Objektorientierung zu verstehen und zur Basis Ihrer Arbeit zu machen.", verspricht uns die Herausgeberin, der "Rheinwerk Verlag" und sie versprechen nicht zu viel. Die Praxisnähe kommt ziemlich zum Schluß zum Tragen und wendet sich sehr stark an Web-Entwickler, das soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Objektorientierung nicht auch dort schon lange Einzug gehalten hat. Vorreiter wie das "ASP.net" von "Microsoft" ebneten den Weg.
Nicht zuletzt zeugt eine eigene Web-Site der Autoren, das umfassende Engagement des Verlages und die mittlerweile starke Verbreitung des Werks von der Qualität des Buches.
Es ist zu beziehen über den "Rheinwerk Verlag", Bonn. Es ist als Buch (mit 688 Seiten, in der 5., aktualisierte Auflage 2021, gebunden) ISBN 978-3-8362-8317-5 oder eBook erhältlich.
Falls Sie sich von der Qualität zunächst noch überzeugen wollen, dann lesen Sie eine etwas ältere Auflage einfach schon einmal im HTML-Format im Open-Book-Bereich des Verlages.